Vor einiger Zeit habe ich einen Vater beobachtet, wie er mit seinem ca. 3 jährigen Sohn auf den Schultern durch die Stadt schlenderte. Der Vater steuerte auf ein Herrenmodegeschäft zu und fragte seinen Sohn: "Wollen wir noch in dieses Geschäft gehen?" Der kleine Sohn auf den Schultern antwortete ganz freundlich: "Nein." Der Vater sagte: "Doch, lass uns da noch reingehen.", und ging mit seinem Sohn auf den Schultern ins Herrenmodegeschäft.....
Diesem kleinen Jungen fiel es nicht schwer, nein zu sagen. leider wurde es nicht gehört, bzw. übergangen. Wer weiss, wie sich das auf seine Zukunft auswirken wird....ob er irgendwann aufgibt, nein zu sagen, wenn es nie gehört wird?
Wir alle haben als Kinder noch ganz unbeschwert nein gesagt, wenn wir etwas nicht wollten. Und vermutlich habe die meisten von uns erlebt, dass unser Nein nicht akzeptiert wurde, oder es beim Gegenüber - etwa bei unseren Eltern - Enttäuschung ausgelöst hat.
Den meisten Erwachsenen fällt es schwer, ein Nein auszusprechen. es fällt uns schwer, weil wir unser Gegenüber nicht enttäuschen wollen, oder weil wir lieber Harmonie haben wollen, anstatt einen Konflikt auszulösen.
Wir alle haben das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Akzeptanz. Wir möchten gemocht werden. Und wenn wir jemanden enttäuschen, laufen wir Gefahr, nicht mehr gemocht zu werden und nicht mehr dazu zugehören.
Und wie ist es denn eigentlich, wenn wir ein Nein hören?
Auch das ist nicht einfach für die meisten von uns. Wenn wir ein Nein hören, fühlen wir uns abgewiesen. Das verunsichert uns, macht uns traurig....und oft zeigen wir dann Enttäuschung oder sind sogar beleidigt oder wütend auf unser Gegenüber, welches gerade nein gesagt hat zu uns.
Man könnte fast sagen, dass wir Angst haben, vor dem Nein. Wir haben Angst es auszusprechen, und wir haben Angst, es zu hören.....
Wir Menschen haben alle das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Wir möchten gemocht und geschätzt werden. Wir fürchten, dass unser Gegenüber enttäuscht oder wütend sein könnte, wenn wir ein nein aussprechen. Und dass wir dann nicht mehr gemocht werden und nicht mehr dazugehören. Wenn wir ein nein hören, fühlen wir uns verletzt und abgewiesen, weil wir glauben, dass sich das Nein gegen uns als Person richtet. Und wir haben dann Angst nicht gemocht zu werden und nicht mehr dazuzugehören.
Jesper Juul hat einmal gesagt: "Wenn jemand ein nein ausspricht, sagt er nicht nein zu seinem Gegenüber, sondern ja zu sich."
Wenn wir nein sagen, dann sagen wir nein zu dem, was uns angeboten oder von uns verlangt wird, weil es sich in diesem Moment nicht stimmig anfühlt, dieses Angebot anzunehmen oder das Verlangte zu machen. in diesem Moment sind wir ganz im Kontakt mit unseren Körperempfindungen- unseren Gefühlen - die uns mitteilen, was uns gut tut, und was uns schadet.
Kleine Kinder können dies noch sehr gut wahrnehmen, bevor sie lernen, dass die Erwachsenen enttäuscht oder sogar wütend werden, wenn sie auf diese Zeichen des Körpers hören und ein nein aussprechen. Je älter die Kinder werden, umso weniger getrauen sie sich nein zu sagen, weil sie ihr Gegenüber nicht enttäuschen wollen und ihre Zugehörigkeit nicht aufs Spiel setzen wollen. Sie verlernen dabei auf ihre Körpergefühle zu achten, und als Erwachsene glauben sie, es sei besser, möglichst wenig nein zu sagen. Leider realisieren sie nicht, dass sie dann oft nein zu sich selber sagen und ihre eigenen Körperempfindungen übergehen.
Oft kann man bei Eltern aber noch eine andere interessante Beobachtung machen: Viele Eltern sagen zu ihren Kindern ständig - oder sehr oft - nein. Oft wissen diese Eltern selbst nicht, warum sie nein sagen. Die Kinder fragen dann: "Warum nicht?" und die Eltern antworten: "Weil ich es sage, und basta!" Diese Eltern sagen eigentlich nicht nein zu dem, was das Kind haben oder tun will, sondern sie sagen nein zu dem, was sie befürchten, was passieren könnte, wenn sie ja sagen!
Vielleicht fragen Sie sich, worauf das hier eigentlich hinauslaufen soll.....
ich will damit sagen:
Nein sagen ist etwas ganz wichtiges!!
Gerade diese Woche hat mir ein Paar in meiner Praxis erzählt, dass sie nach der letzten Sitzung zum ersten Mal den Mut hatten, zu einer Einladung nein zu sagen. Sie waren richtig stolz und glücklich darüber, dass ihnen das gelungen war, denn so konnten sie einen gemütllichen Sonntagnachmittag zuhause mit ihrem Kind verbringen, so wie sie es sich vorgenommen hatten. Sie konnten sich ihr Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung erfüllen.
Was glücklich macht, muss doch wichtig sein! Und leider haben viele von uns verlernt nein zu sagen.
Gerade bei Menschen, die wir lieben, fällt es uns oft besonders schwer nein zu sagen.
Deshalb widme ich mich in meinem Workshop Nein aus Liebe diesem Thema. Dieser Workshop richtet sich an Paare und Eltern, die erfahren möchten, warum nein-sagen so wichtig ist, und wie sie lernen können nein zu sagen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben und ein nein zu hören, ohne sich verletzt zu fühlen.